Paola Walter

Gestaltungspädagogin iac


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«Kabelbinder ins rechte Licht gerückt» war der Titel der Diplomarbeit von Paola Walter. Von ihren schlauchartigen Objekten aus Kabelbindern ging eine Faszination aus, der man sich kaum entziehen konnte. Einladungen und Kaufanfragen trafen ein und Paola Walter begann mit der Produktion von Leuchtobjekten aus Kabelbindern, die bis heute anhält. Paola Walter ist aber nach wie vor gerne Pädagogin. In ihrem eigenen Atelier bietet sie verschiedenste Kurse an. Damit hat sie sich einen langersehnten Traum erfüllt.


___ Vor der Ausbildung am iac

Was hast du beruflich gemacht vor dem iac?
Ich bin ausgebildete Primarlehrerin und unterrichtete bis ich Familienfrau wurde. Dann stieg ich in das Unternehmen meines Mannes als Laborantin ein. Nebenbei spielte ich Theater oder dekorierte Schaufenster. Schon damals gab ich einzelne Gestaltungskurse.

Warum bist du überhaupt auf die Suche nach einer Ausbildung gegangen?
Gestaltung war schon immer ein Thema für mich. Bereits nach dem Lehrerseminar wurde mir geraten, an die Kunstgewerbeschule zu gehen. Ich hatte damals andere Prioritäten. So habe ich das Thema verschoben. Nach erfolgreicher Aufnahmeprüfung für den Vorkurs an der zHdK wurde ich schwanger: also musste das Thema nochmals warten. Nach dem zweiten Kind jedoch wusste ich, dass ich die Gestaltung nun endlich angehen muss.

«Ich wollte meinen
persönlichen Rucksack
füllen, meinen Horizont
erweitern – Kürsli­besuche
reichten mir nicht mehr.»


Ich ging zu einer Berufsberatung und er­kundigte mich nach gestalterischen Weiterbildungen oder Berufsmöglichkeiten in Kombination mit dem Lehrpatent. Als Primarlehrerin konnte ich theoretisch schon Kurse anbieten. Ich suchte aber noch weiter und stiess auf die Gestaltungspädagogik am iac.

Was waren die wichtigsten Argumente für das iac?
Die Ausbildungsinhalte, die Vielfalt, der Aufbau in verschiedenen Modul-Paketen und das Projektjahr.
Das praxisbezogene, handwerkliche Arbeiten hat mich angesprochen. Das war das, was ich schon immer suchte – und natürlich, dass es eine berufsbegleitende Ausbildung ist, die sich gut mit der Familie vereinbaren lässt.

Was war dein Ziel?
Ich wollte meinen persönlichen Rucksack füllen, meinen Horizont erweitern – Kürsli­besuche reichten mir nicht mehr. Mein Ziel war, dass ich als Gestaltungspädagogin unterwegs sein kann. Ich wollte mich der Herausforderung im vierten Jahr mit der Vertiefungsarbeit eines gestalterischen Themas stellen.


___ Während der Ausbildung

Wie waren die ersten beiden Jahre für dich?
Am liebsten würde ich diese beiden Jahre noch einmal machen. Es war alles da und man konnte einfach eintauchen. Geschätzt habe ich das praktische Arbeiten und das Umsetzen der erworbenen Grundlagen, das Kennenlernen der Werkstoffe, die Ma­­schinenkunde. Die gestalterischen Aufgaben ergaben einen riesigen Fundus an Ideen, von dem ich heute noch profitiere. Heute würde ich aufmerksamer dokumentieren.
Von den Modulen ist mir das Papiermodul noch am meisten präsent, wohl weil es das erste Modul am iac war. Ich wusste danach, dass ich mich für den richtigen Weiterbil­dungsweg entschieden habe. Die Ausein­andersetzung mit den acht Werkstoffen war sehr spannend und vielschichtig.
Ich lernte, wie man eine Thematik von verschiedenen Seiten her angeht und welche Ver­arbeitungstechniken möglich sind. Die persönliche Entwicklung hatte immer Platz und der fachliche Austausch im Plenum entsprach mir sehr. Bereichernd fand ich auch die geogra­fi­schen Verschiebungen wie das Steinmodul im Steinbruch Steinmaur, das Tonen im GZ Buchegg oder die Intensivwoche zum Thema Farbe im Sternenberg. Heute vermisse ich die Präsentationen und das Besprechen der verschiedenen Entwicklungsprozesse.

Wie erging es dir im dritten Jahr?
Das 3. Jahr war ein erster Schritt aus meiner persönlichen Komfortzone. Die Module «Design» und «Visuelle Kommunikation» waren Neuland. Heute bin ich sehr froh um dieses Wissen. Dass wir das Programm InDesign kennenlernen und erwerben konnten, ist für mich heute noch ein Plus. Die Vermittlung und der SVEB waren für mich teilweise eine Wiederholung, da mir als Pädagogin schon vieles vertraut war.

«Der SVEB-Lehrgangist
ein Türöffner. Ich merke,
dass er für viele Anstellungen
ein Kriterium ist»


Dennoch tat es gut, die Themen in Bezug auf die Erwachsenenbildung aufzuarbeiten. Im Nachhinein bin ich froh, dass ich den SVEB-Lehrgang gemacht habe: er ist ein Türöffner. Ich merke, dass er für viele Anstellungen ein Kriterium ist.
Das Highlight im dritten Jahr bildeten die «Werktage». Ich bot eine Druckwerkstatt an. Das Feedback der Gruppe und die Evaluation durch die Fachperson spiegelten die Kurssequenz. Die Fülle an Angeboten war riesig, die Stimmung super. Die «Werktage» erwiesen sich als konstruktive Übung und als Chance, sich im geschützten, wohlwollenden Rahmen als Kursleiterin zu erfahren und zu reflektieren.

Wie hast du das vierte Jahr in Erinnerung?
Das 4. Jahr war das anspruchsvollste für mich. Die Vertiefung in ein eigenes gestalterisches Projekt war definitiv kein Spaziergang, doch gleichzeitig eine tolle und wichtige Erfahrung. Ich denke, bei jedem gestalterischen Prozess durchläuft man diese Phasen der Entwicklung und man lernt, sie anzunehmen, durchzustehen und auszuhalten.
Sowohl die Begleitung und die Reflexion im Plenum, aber auch der Austausch mit kompetenten Fachpersonen boten Chancen, die man nachher alleine kaum mehr so antrifft.
Das eigene Schaffen im Kontext zur Gesamtausstellung zu sehen, war auch ein wichtiger Teil des Diplomjahres. Wir mussten als Gruppe verschiedene Ansichten auf einen Nenner bringen, für andere denken und Spannungen aushalten. Das war intensiv aber sehr wertvoll und gab uns als Gruppe eine Energie, die vieles bewegen konnte. Schön war dann auch, mit allen zusammen das Ende der erfolgreichen Diplomausstellung zu feiern.

Wie bist du auf dein Projekt gekommen?
Ich wollte etwas Neues finden. Mich faszinieren Alltagsgegenstände, die eigentlich geniale Erfindungen sind, aber nicht besonders beachtet werden. Zum Beispiel der Sparschäler oder eben der Kabelbinder. Der ist so simpel und doch genial – zudem ist Kunststoff der Werkstoff unserer Zeit. Die Kabelbinder gingen mir nicht mehr aus dem Kopf.

«Mich faszinieren Alltags-
gegenstände, die eigentlich
geniale Erfindungen sind,
aber nicht beachtet werden.»


Wie war das Echo auf deine Kabelbinder-­Objekte?
Nachdem eine Nachbarin, die Journalistin ist, einen Bericht über mich und meine Arbeit publizierte, konnte ich meine Objekte in Wil, Aadorf, Winterthur und St. Gallen ausstellen und auch verkaufen. Bis heute erhalte ich Anfragen für Produktionen und Ausstellungen. Gerade hat mich die Anfrage eines Skulpturenweges erreicht. Ich «spiele» heute auf verschiedenen Bühnen: Ausstellungen und Kurse geben. Das inspiriert sich gegenseitig. Das Ausstellen ist sehr anstrengend und macht gleichzeitig Spass.
Ich bin aber nach wie vor gerne Pädagogin. Neben der künstlerischen Arbeit mit den Kabelbindern brauche ich auch den Austausch mit den Menschen.


___ Nach der Ausbildung am iac

Wo kannst du im alltäglichen Leben von der Ausbildung profitieren?
Immer wieder: vom Erarbeiten der Kurse bis zur Auswertung, von der Themenfindung bis zur Ausschreibung. Gerne würde ich experimenteller arbeiten. Da ich im Winter keine Kurse gebe, nutze ich diesen Freiraum, um mich zurückzuziehen und Neues auszuprobieren.

Wer kommt in deine Kurse?
Ich habe die Kurse in der Region ausge­schrieben und das hat sich durch Mund- zu-Mund-Propaganda verbreitet. An der Musik- und Kulturschule Hinterthurgau schreibe ich als Gestaltungspädagogin Kurse für Kinder aus. Zu Hause in der Kleckswerkstatt sind es Kurse für Erwachsene. Mittlerweile melden sich auch Gruppen für einen Event oder für eine gestalterische Weiterbildung in der Kleckswerkstatt.

Was bietest du an?
Sehr Verschiedenes. Bildnerisches Gestal­ten, Materialdruck, Gelatinendruck. Für Kinder ist es ein Gestaltungslabor. Da werden verschiedene Sachen zu einem Thema bearbeitet oder zu einem Werkstoff hergestellt. Ich gebe mehr als 20 Kurse pro Jahr und die sind gut besucht. 

Hast du noch Kontakt zu anderen aus der Klasse? 
Es war eine sehr tolle Klasse. Wir haben uns nach der Ausbildung immer wieder getroffen, haben gemeinsam Ausstellungen besucht und Workshops zu einem Thema gemacht. Oder jemand hat einen Kurs ausgeschrieben und die anderen besuchten den. Dieses Netz ist noch da. Ich hoffe, dass das so bleibt.



___ Schaufenster

Die Kleckswerkstatt: das Kreativlabor für Kinder und Erwachsene, Firmen, Gruppen und Familien

In der Kleckswerkstatt biete ich Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Möglichkeit, sich gestalterisch mit einem Thema auseinanderzusetzen. Im Zentrum steht dabei das kreative Erlebnis und das Experimentieren mit unterschiedlichen Techniken und Materialien.

Kleckswerkstatt
9546 Tuttwil
www.klecks-werkstatt.ch


Die gestalterische Herausforderung im Spannungsfeld von Stabilität, Spannung und Ästhetik

Kabelbinder findet man überall dort, wo es etwas zum Binden, Befestigen und Verschliessen gibt. Fasziniert von diesem vielseitig einsetzbaren Verbindungselement, suche ich nach Möglichkeiten, damit Volumen zu schaffen. Ich beschränke mich auf zwei Kabelbindergrössen und auf eine einzige Verbindungstechnik; es entstehen schlauchartige Hüllen, mehrschichtig, durchscheinend, ausdrucksstark. Ins rechte Licht gerückt, entfalten sie eine poetische Wirkung, und es scheint, als könne der Kabelbinder viel mehr als nur verbinden.
www.p-a-o-l-a.ch